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Publiziert am 19. September 2025
Foto: Louis Rafael Rosenthal
Yves Lüscher (Walterprojects Consultant) zeichnete ein Bild der Entwicklung von KI im Gesundheitswesen. Er verglich die Prognosen einer PWC-Studie von 2017 mit der Realität von heute. Er stellte fest, dass die Studie Vieles voraussehen konnte, wie z.B. VR-Brillen für Trainings im Gesundheitswesen, KI unterstützte Recherchen oder auch dass Ansätze Künstlicher Intelligenz in der «End-of-life Care» eingesetzt werden: Roboter wie z.B. Pepper sind bereits in Anwendung. Dabei wurde aber auch erkannt, dass diese Roboter grossartig «entertainen» aber laut Herrn Lüscher «nicht wirklich pflegen» können.
KI hat acht Jahre nach der Studie auch in der Operationsassistenz oder bei Monitoring-Lösungen Einzug gehalten, Wearables bzw. IOT unterstützen inzwischen etabliert die Gesundheitsvorsorge. Auch in der Diagnose wachsen KI-Tools zunehmend. Digitale Stethoskope, automatisierte Zweitbefunde und bildgestützte Systeme sind im klinischen Alltag angekommen oder auf dem Weg dahin – sie können Fachpersonen aber nach wie vor nur unterstützen und effizienter machen – jedoch nicht ersetzen, so Herr Lüscher.
Was in der Studie nicht erwähnt wurde, sich aber in grossen Schritten entwickelt, ist das Thema der «Generativen KI», die in administrativen Themen unterstützt und z.B. Arztberichte automatisch aus Patient/innendokumenten oder auch Gesprächen erstellen kann.
Auch Agentische KI sind z.B. bereits in Otawa im Einsatz. Sie können auf Basis der analysierten Daten sogar Aktionen einleiten – etwa in der Terminplanung, Dokumentation oder Nachsorgekoordination. Hier ist wichtig zu betonen, dass die Daten auf deren Basis die Agentische KI Patient/innen berät, dezidierten ausgewählt wurden – also nicht «unkontrollierte» Daten aus dem Internet sind.
Was noch in den Kinderschuhen steckt aber sich voraussichtlich schnell entwickeln wird, sind «Digitale Zwillinge» und «Päzisionsprävention». Sie werden in Zukunft vielleicht ermöglichen, dass Krankheiten tendenziell verhindert werden können, bevor sie geheilt werden müssen. Ausserdem könnte KI bald individuelle Präventionspläne unterstützen und Krankheits- und Thearapiesimulation am Digitalen Zwilling ermöglichen. Das Thema «Molekulare Echtzeittherapie» sieht Herr Lüscher weit in der Zukunft.
Dr. med. Roger Wanner (Gastroenterologe) berichtete von seinen Erfahrungen im Praxisalltag. Er hob hervor, wie KI Zeit spart, repetitive Dokumentationsarbeiten übernimmt, sogar Google-Bewertungen fördert und die Effizienz steigert. Aber auch in seinem Behandlungsalltag ist KI inwzischen angekommen: Systeme wie Cadeye, die als «Dauerassistent» Darmkrebs-Screenings unterstützen, können Ärztinnen und Ärzte entlasten – ohne jedoch die Verantwortung für Diagnosen zu übernehmen, so Dr. Wanner.
Für ihn ist es essentiell, aktiver Part in der Entwicklung von KI im Gesundheitswesen zu sein, um bei den riesigen Entwicklungsschritten, die KI in naher Zukunft auslösen wird, nicht den Anschluss zu verlieren.
Vanessa Slongo richtete als erfahrene Pflegefachkraft und IT Business Analyst den Blick aus der Pflegepraxis auf Möglichkeiten von Künstlicher Intelligenz in der Pflege. Angesichts des Fachkräftemangels und der enormen Dokumentationslast können Robotic Process Automation (RPA) Bots und KI-basierte Systeme einen entscheidenden Beitrag zur Entlastung unserer Fachkräfte leisten.
Ein von ihr und ihrem Team entwickelter RPA-Bot übernimmt beispielsweise das Spitex-Controlling: Statt drei Tagen Arbeit benötigte das Team nur noch einen fürs monatliche Controlling und kann konstant auf Echtzeitdaten zugreifen. Er traf schon in der Pilotphase auf extrem hohe Akzeptanz bei den Pflegenden. Auch die Pflegequalität kann durch ein von Frau Slongos Team entwickelten RPA Bot gesteigert werden: Pflegende und Verantwortliche greifen auf durch den Bot zusammengestellte Dashboards zu und erkennen direkt verschiedenste Einzelheiten bzgl. der Qualität der Pflegeleistungen. RPA lernt dabei initial von Poweruser/innen, arbeitet 50x schneller, 24/7 und fehlerfrei, aber nicht eigenständig. Veränderungen müssen jeweils neu eingespeist werden.
Frau Slongo stellte neben ihren Robotic-Ansätzen ihre Projekte SpeeKI und cAIrBot vor. SpeeKI unterstützt detailgenau in der Transkription und Analyse von Gesprächen mit Patient/innen und cAIrBot in der Abbildung kompletter Pflegeprozesse. Die beiden KI-Ansätze zeigen die Richtung für die Zukunft der Pflege so Frau Slongo.
Digitalisierung als Basis
Für die Integration von neuen digitalen Lösungen in der Pflege – aber auch in allen anderen Branchen – hob Frau Slongo die Rolle einer klar definierten Digitalisierungsstrategie hervorgehoben: Nur durch eine strukturierte Analyse der Systemlandschaft, einheitliche Datenflüsse und konsequentes Change-Management lassen sich Effizienz, Datenschutz und Benutzerfreundlichkeit nachhaltig steigern und die Vorteile von KI nutzen.
In einer offenen Diskussion wurden auch die Vorteile und Nachteile von Künstlicher Intelligenz im Gesundheitswesen beleuchtet: Die Beteiligten sehen die Vorteile klar darin, dass KI 24/7 arbeiten kann, nie krank wird, sehr schnell ist und fehlerfrei arbeiten kann. Nachteile liegen häufig in Datenschutzfragen, Abhängigkeiten von Fremdsystemen, der Cloud-Pflicht bei generativer KI sowie dem hohen Verbauch an Strom für die Kühlung der Hardware.
Ein weiteres Thema ist das schon heute nachgewiesene «Deskilling», das durch die nachhaltige Anwendung von KI ausgelöst wird. Einen ausgewogenen Umgang damit zu finden ist eine der grössten Herausforderungen, die wir zukünftig zu bewältigen haben.
Die Donnerstagsrunde machte deutlich: KI ist im Gesundheitswesen längst Realität und kein Zukunftsthema mehr. Von der Dokumentationsentlastung über präzisere Diagnostik bis hin zu verbesserter Prävention – die Möglichkeiten sind riesig. Gleichzeitig bleibt der bewusste, sichere und ethisch verantwortungsvolle Einsatz entscheidend.