Wie MPK-Kompetenzen den Praxisalltag verändern

Mehr Zeit für Patient/innen, mehr Verantwortung für MPAs, mehr Teamgeist im Praxisalltag: Im Gespräch mit Dr. Maria Goridis (Fachärztin und Inhaberin der Hausarztpraxis plus in Egg), Luana Widmer (MPK klinische Richtung) und Andrea Heshmati (Schulleiterin Juventus Schule für Medizin Weiterbildung) wird deutlich, wie sich Inhalte aus dem Lehrgang «Medizinische/r Praxiskoordinator/in (MPK) in klinischer Richtung» erfolgreich in den Praxisalltag integrieren lassen.

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Ein Gespräch mit Maria, Luana und Andrea

Wie ist die Zusammenarbeit mit der Hausarztpraxis plus in Egg entstanden – speziell im Zusammenhang mit der Chronic Care Sprechstunde?

Andrea: Maria und ich haben uns vor anderthalb Jahren am Berufsbildnerkurs kennengelernt. An diesem Tag habe ich ein Referat gehalten. Maria ist im Anschluss auf mich zukommen und meinte, dass sie ihre medizinische Praxisassistentin (MPA), Luana Widmer, gerne beruflich fördern möchte. Es kam die Frage auf, was man hierfür als Arbeitgeber tun kann und so sind wir ins Gespräch gekommen, welche Möglichkeiten es auf schulischer Ebene gibt. Schnell kamen wir dann auf den Lehrgang Medizinische/r Praxiskoordinator/in (MPK) in klinischer Richtung zu sprechen, den Luana bereits zuvor in Erwägung gezogen hatte.

Maria, was hat dich dazu bewogen, in der Hausarztpraxis plus die Chronic Care Sprechstunde einzuführen?

Maria: Ursprünglich ging es mir vor allem darum, den MPAs mehr Abwechslung und Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten. Besonders engagierte Mitarbeitende wie Luana sollten die Chance haben, neben ihrer regulären Tätigkeit zusätzliche, selbstständige Aufgaben zu übernehmen. Mir war wichtig, Perspektiven zu schaffen und Weiterentwicklung aktiv zu fördern – das stand für mich von Anfang an im Vordergrund.

Inwiefern profitiert die Praxis von Luanas zusätzlichen Kompetenzen aus dem MPK-Lehrgang?

Luana: Ich nehme mir Zeit für Gespräche mit den Patient/innen, gehe auf ihre Anliegen ein, übernehme Beratungsaufgaben zur Lifestylemodifikation oder Blutzuckerkontrollen und entlaste damit gleichzeitig die Ärzt/innen - insbesonderein Situationen, in denen es zeitlich eng wird. Wenn jemand beispielsweise zur Blutzuckerkontrolle kommt, kann ich das übernehmen – vor allem dann, wenn gleichzeitig ein Notfall eintritt oder die Ärzt/innen anderweitig im Einsatz sind.

Maria: Auch aus medizinischer Sicht ist der Mehrwert klar sichtbar. Gestern zum Beispiel hatte ich eine Patientin, wo deutlich zu sehen ist, dass das HbA1c (Langzeitzucker) deutlich besser ist, seit sie bei Luana in der Sprechstunde war – im Vergleich zu den kurzen Terminen bei uns Ärzt/innen.

Welche Vorteile ergeben sich aus deiner Sicht für die Patientinnen und Patienten?

Luana: Ein grosser Vorteil ist, dass ich ihnen chronische Krankheiten wie zum Beispiel Diabetes noch einmal ganz genau erkläre. Viele Patient/innen haben zwar bereits erste Informationen vom Arzt oder der Ärztin erhalten, konnten diese jedoch nicht vollständig aufnehmen oder einordnen. Ich nehme mir dann die Zeit, Schritt für Schritt auf ihre Fragen einzugehen, bis wirklich alles klar ist. Dabei erzählen mir viele auch von ihren persönlichen Herausforderungen. Sie trauen sich, offen mit mir zu sprechen, weil sie wissen, dass ich sie nicht bewerte, sondern unterstütze. Dann sind Themen wie Ernährung, Bewegung, Rauchstopp oder Instruktion angesagt!

Maria: Für die Patient/innen ist es zudem ein grosser Vorteil, dass sie für spezifische Beratungen nicht extra an eine andere Stelle überwiesen werden müssen – sie erhalten alles direkt bei uns vor Ort. Das macht unser Angebot nicht nur effizienter, sondern auch attraktiver und rundet unser Leistungsspektrum optimal ab.

Wie habt ihr die Zusammenarbeit mit den Juventus Schulen erlebt?

Maria: Sehr unkompliziert und zuvorkommend. Andrea war unglaublich grosszügig und engagiert. Sie war ein paar Mal bei uns in der Praxis, um Umsetzungsmöglichkeiten gemeinsam zu besprechen – und das ganz ohne Druck oder Forderungen. Sie war einfach da, um uns zu unterstützen und das war wirklich toll. Für uns war das ein grosses Geschenk.

Andrea, wie hast du Luana und die Praxis beim Aufbau der Sprechstunde unterstützt?

Andrea: Für mich war es wichtig, meine Rolle eher als Coach zu verstehen. Wir haben gemeinsam erarbeitet, wie die Umsetzung aussehen könnte und haben überlegt: Was braucht es alles? Was müssen wir organisieren und planen? Welche Beratungen möchte Luana konkret anbieten? Ich habe dabei eher begleitend unterstützt, sodass Luana sich vieles selbst durch den Lehrgang erarbeiten konnte. Weil ich aus Erfahrung weiss, wie man in einer Praxis so ein Chronic Care Management aufbaut, konnte ich gewisse Impulse geben – aber eben ohne zu steuern. Es war wirklich schön, sie auf diesem Weg zu begleiten.

Luana: Und für uns war das extrem hilfreich. Im Lehrgang erhält man zwar viele theoretische Informationen, aber die entscheidende Frage bleibt: Wie setzen wir das konkret im Praxisalltag um? Wie kommen die Patient/innen eigentlich zu mir? Was genau mache ich mit ihnen? In dieser Übergangsphase waren wir sehr dankbar, jemanden an unserer Seite zu haben, der uns gezeigt hat, wie man Theorie und Praxis sinnvoll miteinander verbindet.

Welche Bedeutung hat das Modul Chronic Care Management für die MPK-Weiterbildung?

Andrea: Das Modul Chronic Care Management 1 und 2 bildet die Grundlage der gesamten MPK-Weiterbildung. Es vermittelt ein umfassendes Verständnis davon, was Chronic Care eigentlich bedeutet – also wie man Patient/innen mit chronischen und oft auch mehreren Erkrankungen (multimorbide Patient/innen) optimal betreuen, beraten und begleiten kann.

Es werden verschiedene Gesprächstechniken und Kommunikationsmodelle vermittelt, insbesondere die motivierende Gesprächsführung ist ein wichtiger Bestandteil. Man lernt, wie man Patient/innen auf Augenhöhe begegnet – mit einer wertschätzenden, unterstützenden Haltung. Gerade für MPKs ist das eine völlig neue Perspektive. Im Chronic Care Setting sitzt man plötzlich eine ganze Stunde mit einem Patienten zusammen, geht in die Tiefe, spricht über Lebensstil, Sorgen, Ernährung, Bewegung oder Medikamente. Am Anfang ist dieser Rollenwechsel nicht ganz einfach – von der klassischen MPA zur Beraterin mit viel Zeit und Verantwortung für die Gesprächsführung. Aber genau darin liegt auch die grosse Chance dieser Weiterbildung.

Welchen Mehrwert bringt die Zusammenarbeit zwischen Schule und Praxis?

Andrea: Ich denke, ein grosser Mehrwert liegt darin, dass wir in der Weiterbildung sehr viele Fachpersonen haben, die selbst aus der Praxis kommen – MPAs, die bereits als MPKs arbeiten und diese Rolle aktiv ausüben. Sie bringen viel Erfahrung mit, sowohl aus dem Unterricht als auch direkt aus dem Praxisalltag. Gerade in der Anfangsphase ist es wertvoll, wenn man jemanden an der Seite hat, der praktische Unterstützung bietet. Denn es gibt vieles zu organisieren und zu berücksichtigen, wenn man ein neues Angebot aufbauen will.

Für mich persönlich war es sehr bereichernd, die Entwicklung von Luana und dem Ärzteteam mitzuerleben. Ich finde es sehr erfüllend, einer Praxis Hilfestellung zu geben, damit ein neues Angebot wirklich ins Laufen kommt. Es braucht am Anfang ein bisschen Geduld, aber wenn es dann einmal läuft – dann läuft es auch richtig gut.

Luana, was hat dich motiviert, die MPK-Weiterbildung in klinischer Richtung zu absolvieren?

Luana: Für mich war es spannend, etwas Neues zu lernen und mich weiterzuentwickeln. Ich wollte mehr Verantwortung übernehmen – und mir war auch wichtig, die Patient/innen besser begleiten und unterstützen zu können.

Ich habe selbst schon erlebt, wie man eine Arztpraxis verlässt und eigentlich gar nicht genau weiss, was man jetzt hat oder was man tun soll. Da wollte ich ansetzen: Ich möchte für die Patient/innen da sein, ihnen Dinge verständlich erklären und sie wirklich auf ihrem Weg begleiten. Auch die Inhalte im Unterricht fand ich sehr interessant – die Themen waren praxisnah und spannend. 

Was hat dich am Modul Chronic Care Management sowie an den anderen Modulen besonders begeistert?

Luana: Was mir an den Modulen besonders gefallen hat, ist die starke Praxisnähe. Jedes Modul war ein bisschen anders aufgebaut, aber alle waren sehr anwendungsorientiert. Beim Diabetes-Modul zum Beispiel haben wir ganz konkret gelernt, wie man eine Fussuntersuchung durchführt – und konnten das direkt praktisch üben. Im Chronic-Care-Management-Modul war die motivierende Gesprächsführung für mich ein Highlight. Sie hilft einem nicht nur im Beruf, sondern auch im Alltag und im Privatleben. Man lernt dabei auch, wie man mit schwierigen Situationen oder Patient/innen professionell umgehen kann. Ich habe aus jedem Modul etwas mitgenommen, das ich im Berufsalltag umsetzen kann.

Was hat sich in deinem Praxisalltag seitdem verändert?

Luana: Ich glaube, man merkt es vor allem an der Sicherheit im Alltag. Zum Beispiel wenn ich am Empfang mit Patient/innen spreche – etwa über ein Blutzuckermessgerät oder ein bestimmtes Medikament – dann kann ich heute viel gezielter Auskunft geben. Ich weiss häufiger von mir aus, worum es geht und muss nicht immer erst bei den Ärzt/innen nachfragen.

Ausserdem ist mein Alltag abwechslungsreicher geworden. Ich habe jetzt fixe Beratungstage, an denen ich mit den Patient/innen vertieft arbeite. Das bringt eine neue Dynamik und macht meine Arbeit spannender. Auch im Bereich Wundversorgung kann ich mehr Verantwortung übernehmen. Ich werde zum Beispiel gezielt hinzugezogen, wenn es Fragen gibt, weil ich mich in dem Bereich durch die Weiterbildung gut auskenne.Natürlich braucht es manchmal auch den Mut, gegenüber den Ärzt/innen klar zusagen: Ich würde dieses Wundmaterial empfehlen. Gerade wenn man mit erfahrenen Kolleg/innen arbeitet, die schon Jahrzehnte dabei sind, ist das nicht immer ganz einfach. Aber genau darin liegt das Potenzial.

Maria: Ich finde auch, dass sich der Austausch im Team zum Positiven verändert hat. Wenn jemand wie Luana eng mit den Patient/innen arbeitet und gleichzeitig top informiert ist, etwa über neue Medikamente oder Wundmaterialien, dann bringt das neue Impulse ins Team. Für uns als Praxis ist das sehr wertvoll. Es ist einfach toll, jemanden im Team zu haben, der fachlich sehr sattelfest ist und uns unterstützt.

Liebe Maria, Luana und Andrea, vielen Dank für das Gespräch!

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